Menümobile menu

Ende des Tötens

Frieden schaffen bei bewaffneten Konflikten gilt als schwierig, kann aber durchaus Erfolg haben

Von Nils Sandrisser

GettyImages / bazilfoto

Die gescheiterte Mission in Afghanistan und die aktuellen Probleme für den Einsatz in Mali oder der steinige Weg zum Frieden im Nahen Osten verdeutlichen, dass Friedensprozesse oft von Problemen geplagt sind. Beispiele des Scheiterns gibt es zuhauf, aber ganz hoffnungslos sind diese Projekte nicht, wie einige Beispiele zeigen.

Mosambik

Rund 16 Jahre lang hatten sich im südostafrikanischen Mosambik die Regierungspartei Frelimo und die Rebellenorganisation Renamo bekriegt. Und zwar äußerst brutal. Beide Seiten begingen unaussprechliche Kriegsverbrechen. Rund 900 000 Menschen starben, bis zu fünf Millionen mussten fliehen. Der Krieg dauerte unter anderem deswegen so lange, weil beide Seiten potente Sponsoren hatten: die Sowjetunion half der damals noch sozialistischen Frelimo, Südafrika unter seiner Apartheid-Regierung der Renamo.

1992 endete der Krieg. Dabei spielte eine Rolle dass mit dem Ende des Kalten Kriegs und dem des südafrikanischen Apartheid-Regimes beiden Seiten die Gönner abhanden gekommen waren. Ebenso wichtig aber war für den Friedensschluss die Vermittlung der katholischen Laienorganisation Sant‘Egidio. „Grundlage für den Dialog“, beschreibt Sant‘Egidio, sei die „Suche nach dem, was vereint, nicht nach dem, was trennt“ gewesen. Im Friedensprozess wurde also der Gedanke der Versöhnung stark betont. Aufarbeitung hingegen nicht so sehr. Beide Seiten schweigen daher seither über die Kriegsverbrechen der jeweils anderen Seite. Über die eigenen sowieso.

Seit 2013 wird der Frieden allerdings wieder fragiler. Denn seit Friedensschluss hat die Frelimo jede Wahl gewonnen, und zwar meist mit unfairen Mitteln. Die Renamo hat in der Folge mehrfach gedroht, wieder zu den Waffen greifen zu wollen, vereinzelt gab es wieder Kämpfe.

Israel und Ägypten

Die Feindschaft zwischen Israel und Ägypten währte schon seit der israelischen Staatsgründung. In den Jahren 1948, 1967 und 1973 brachen offene Kriege zwischen dem jüdischen Staat und arabischen Ländern aus. Im Sechstagekrieg 1967 eroberte Israel unter anderem die zu Ägypten gehörende Halbinsel Sinai.

Unter seinem Präsidenten Anwar al-Sadat öffnete sich Ägypten langsam zum Westen hin. 1972 warf Sadat alle sowjetischen Militärberater aus dem Land. Die USA sahen darin eine Chance, auch beim Thema Nahostkonflikt voranzukommen. Außenminister Henry Kissinger reiste mehrfach nach Kairo und Jerusalem, was als „Shuttle-Diplomatie“ bekannt wurde. Direkte Gespräche zwischen den Feinde gab es allerdings noch nicht. 1977 dann die Überraschung; Sadat verkündete, er sei bereit, „bis ans Ende der Welt“ und „sogar in die Knesset zu gehen“, wenn damit der Tod auch nur eines ägyptischen Soldaten zu verhindern sei. Israels Ministerpräsident Menachem Begin lud Sadat daraufhin ein. Am 19. November stand Sadat vor der Knesset und bot Israel einen „gerechten Frieden“ an.

US-Präsident Jimmy Carter brachte Begin und Sadat im September 1978 auf Camp David, dem Landsitz des Präsidenten zusammen. Die Verhandlungen drohten mehrfach zu scheitern, aber am 26. März 1979 unterzeichneten Begin und Sadat in Washington einen Vertrag, der den seit 1948 geltenden Kriegszustand zwischen Israel und Ägypten beendete. Im Jahr zuvor schon hatten beide den Friedensnobelpreis erhalten. Das Abkommen regelte, dass Israel aus dem Sinai abzog, dafür duften seine Schiffe künftig den Suezkanal passieren. Beide Länder sicherten sich die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen zu.

Sadat zahlte dafür den ultimativen Preis. Islamisten ermordeten ihn 1981 wegen seiner Friedenspolitik.

Bosnien-Herzegowina

Mit dem Zerfall Jugoslawiens ab 1991 und besonders mit dem Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina kehrte mehr als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Schrecken von Krieg und Völkermord nach Europa zurück. Besonders das Massaker von Srebrenica im Juli 1995 von Serben an bosnischen Muslimen entsetzte die Welt.

Militärische Maßnahmen wie Luftangriffe, die Einrichtung einer Flugverbotszone oder die Entsendung von Blauhelmtruppen der Vereinten Nationen hatten das Blutbad in Bosnien-Herzegowina nicht stoppen können. Die USA unter ihrem Chefunterhändler Richard Holbrooke brachten die drei Kriegsparteien – Serben, Kroaten und Bosniaken – auf dem Gelände einer US-Luftwaffenbasis bei Dayton an den Verhandlungstisch.

Das Problem dabei war, dass niemand der drei so recht friedenswillig war. Unter erheblichem Druck Holbrookes stimmten sie dann aber doch einem Kompromiss zu, der so etwas wie die Quadratur des Kreises war. Bosnien blieb als Staat erhalten, was den Bosniaken wichtig war. Es wurde jedoch zu einer losen Föderation eines serbischen und einer kroatisch-muslimischen Teils. So erreichten die Serben ihr Kriegsziel einer eigenen Republik.

Am 14. Dezember 1995 unterzeichneten in Paris die Kriegsparteien den Frieden von Dayton. Er gilt bis heute und hat klare Schwächen. Denn er löste die Konflikte nicht, sondern fror sie nur ein. Bosnien-Herzegowina ist bis heute kein funktionierender Staat, sondern zwei Interessengruppen mit einer schwachen Klammer. Aber immerhin hatte das Töten und Sterben aufgehört.

Sri Lanka

Für Konflikte gebe es keine militärische Lösung, heißt ein geflügeltes Wort. So einfach ist es aber nicht. Sri Lanka ist ein Beispiel dafür, dass Gewalt leider eben doch manchmal Erfolg hat.

Auf der Insel vor Südindien hatten sich die von Singhalesen dominierte Regierung und die Tamilen-Organisation „Tamilischer Befreiungstiger“ 26 Jahre lang bekriegt, seit 1976. Im Jahr 2002 trat ein Waffenstillstandsabkommen in Kraft.

Die Befreiungstiger verließen sich danach auf ihre militärische Stärke und machten nie ein ernstzunehmendes politisches Verhandlungsangebot. Die srilankische Regierung hingegen strukturierten ihre Streitkräfte um und verbesserte ihre Zusammenarbeit mit Indien, was die tamilischen Rebellen vom Nachschub abschnitt. Im Jahr 2008 fühlte sich die Regierung stark genug, die Entscheidung auf dem Schlachtfeld zu suchen. Am Ende ihrer Offensive im Jahr darauf waren bis zu 40 000 Menschen tot und die Befreiungstiger militärisch komplett am Ende.

Auch wenn der Bürgerkrieg beendet ist, gibt der Leiter der Forschungsgruppe Asien der Stiftung Wissenschaft und Politik, Christian Wagner, zu bedenken: „Der zugrundeliegende Konflikt um die Frage der regionalen Autonomie für die tamilische Minderheit im Norden und Osten des Landes ist noch längst nicht gelöst."

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top