„Frieden bedeutet, keine Angst zu haben“
Fünf Menschen äußern sich darüber, was sie unter Frieden verstehen
Zufrieden sein, sich keine Sorgen machen müssen, zur Ruhe zu kommen oder Meditation: Unter Frieden versteht jede und jeder etwas anderes. Wir haben bei einem Soldaten, einem Geflüchteten, einem Briefträger, einer Yoga-Lehrerin und einer FSJ-lerin nachgefragt.
Burkhard Kreuter, 25, Soldat
Ich liebe es Soldat zu sein, denn im Notfall möchte ich verteidigen, was mir wichtig ist: Meine Familie, meine Freunde und meine Lebensweise in einem freien, sicheren und demokratischen Land. Für mich bedeutet Frieden, dass die Bürger eines Landes keine Angst um ihr Leben haben müssen. Dass die Gründung einer Familie und das Ausüben eines Berufes für jeden grundsätzlich möglich ist. Und dass Menschen sich selbst so weit entfalten können, ohne anderen Menschen damit zu schaden.
Obwohl ich Soldat bin finde ich es schade, dass es Soldaten braucht. Schöner wäre es zu wissen, dass ein Krieg niemals eintreten wird. Aber solange man das nicht weiß, gibt es Frieden nur mit Diplomatie und – als ultima ratio – mit einem Militär, das nach Möglichkeit diesen Frieden beschützen kann.
Faiaz Ahmady, 27, 2015 aus Afghanistan geflüchtet
Ich bin in Afghanistan während des Krieges geboren – mein gesamtes Aufwachsen über kannte ich den Frieden nicht. Erst durch das Internet und westliches Fernsehen habe ich eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, was Frieden ist. Ich erinnere mich an Sendungen wie „Verstehen Sie Spaß“ – wo Menschen einfach so miteinander gelacht haben. Diese Unbeschwertheit war mir in Afghanistan fremd – übrigens genau wie das Wort „Spaß“.
Frieden bedeutet für mich, dass ich nicht ums Überleben kämpfen muss. Dass ich ein Dach über dem Kopf habe und nicht hungern muss. Dass ich keine Angst haben muss vor Gewalt, oder wenn ich auf der Straße einen Polizisten sehe. Dass Grundrechte eingehalten werden und mich niemand zu irgendetwas zwingen kann. Diesen Frieden habe ich in Deutschland für mich gefunden.
Hannah Wegscheider, 19, war bis September für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Israel
Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, Frieden war immer selbstverständlich für mich. Erst mein FSJ in Israel und die Unruhen zwischen Israelis und Palästinensern im Mai haben meinen Blick auf den Frieden verändert. Bei den Raketenangriffen auf Jerusalem damals mussten wir öfters in einen Bunker flüchten – das habe ich vorher noch nicht erlebt. Ich war angespannt und habe mir Sorgen um die anderen FSJler gemacht.
Frieden bedeutet für mich, ein Leben ohne Angst führen zu können. Dass ich mir keine Sorgen um Freunde oder Familie machen muss, ob es ihnen gut geht. Und in Israel habe ich gelernt, dass Frieden ein Prozess ist. Frieden gelingt nur durch ein friedliches Zusammenleben, dazu gehören Offenheit und Dialog. Und dazu kann und muss jede und jeder Einzelne etwas beitragen.
Jerome Hemmersbach, 36, Briefträger
In meinem Job als Briefträger arbeite ich täglich an der frischen Luft. Die Bewegung im Freien ist neben meinen Hobbies als Schauspieler, DJ, Sänger und Tänzer ein guter Ausgleich für mich. Dennoch habe ich Anfang des Jahres auch angefangen zu meditieren. Die Meditation hilft mir dabei, zu mir zu finden und zur Ruhe zu kommen.
Frieden bedeutet für mich, Zufriedenheit zu spüren. Das heißt, dass ich offen und ehrlich mit mir umgehe, mich selbst liebe und annehme, mir selbst genüge und dankbar bin für jeden Tag, den ich geschenkt bekomme. Das trägt dazu bei, meine positive und optimistische Grundeinstellung zu behalten.
Und ich denke, dass sich der Frieden mit sich selbst auch auf andere Menschen übertragen und dazu beitragen kann, mit anderen Menschen Frieden zu schließen.
Sigrid Knapp-Ulrich, 48, praktiziert seit 25 Jahren Yoga und arbeitet seit etwa drei Jahren als Yoga-Lehrerin in Frankfurt
Was ist wirklich wichtig? Wenn die Gedanken wirbeln, wie in einem aufgewühlten Tümpel, dann kann ich das schlecht beantworten. Deswegen will ich den Schlamm vom klaren Wasser trennen. Wenn das klare Wasser überwiegt, das ist für mich innerer Frieden. Wenn jeder versucht, diesen Frieden zu finden und diesen in sein Umfeld trägt, ist das ein Multiplikator für unsere Gesellschaft.
Mir helfen dabei Yoga, Meditation und mentale Techniken. Ein Beispiel: Bevor ich auf jemanden reagiere, halte ich inne, beobachte die Situation, nehme die Perspektive des Anderen ein und erst dann reagiere ich.
Ich unterrichte unter anderem Yin-Yoga. Das ist ein sehr sanfter und ruhiger Stil. Gerade Neulinge kriegen in diesen Stunden oft zum ersten Mal mit, wie unruhig sie eigentlich sind. Deswegen freue ich mich, diese Ruhe und Frieden mit meinen Schülerinnen und Schülern zu teilen.
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